Krebsnosode
Krebs in seiner Häufigkeit erscheint uns heute als die chronische Fortsetzung der früher Tod bringenden Seuchen. Er hat die gesundheitlichen Gefahren vergangener Jahrhunderte, wie Pocken, Pest, Scharlach, Kindbettfieber usw., sozusagen abgelöst, und sein Erscheinungsbild ist dabei unendlich vielfältiger und häufig undurchschaubar.
Krankheiten, die heute mithilfe von Medikamenten kontrollierbar sind, scheinen ihre Bösartigkeit auf eine tiefere organische Ebene verlagert zu haben, die unseren Erkennungs- und Behandlungsmethoden nur schwer oder gar nicht zugänglich ist. Dort kann sich diese Bösartigkeit nicht selten unbemerkt entfalten, und es dauert lange, bis ein konkretes Symptom auf sie aufmerksam macht.
Krebs kann jeden Teil des Körpers befallen und dabei mehr Symptome verursachen, als wir uns vorstellen können. Dem entsprechend ist das Arzneimittelbild von Carcinosinum so umfassend, dass praktisch jedes Symptom darin zu finden ist.
Es ist das am häufigsten gebrauchte Konstitutionsmittel überhaupt; wohl kaum ein Mensch aus unseren Regionen kommt in einer chronischen Behandlung ohne Carcinosinum aus; es ist für die Behandlung einer jeden chronischen Krankheit unverzichtbar. Die Schwierigkeit besteht vor allem in der Wahl des richtigen Zeitpunktes.
Manchmal dauert es lange, bis die Lebenskraft eines Patienten bereit ist, seine Wirkung zu verarbeiten. Diese Bereitschaft wird meistens durch eine akute, oft entzündliche, mit Absonderung verbundene Krise angezeigt.
Das ist der Moment, in dem unsere Lebenskraft eine Tür oder ein Fenster aufstößt und einen Blick auf die im Inneren vorherrschende Problematik zulässt. Wenn sonst kein eindeutiger Hinweis zu finden ist, hat es sich bewährt, auf diese akute Krise zu warten.
Die von mir am häufigsten beobachteten Anzeichen für den Einsatz von Carcinosinum sind:
Die Behandlung von Gemütssymptomen gestaltet sich oft schwierig, weil die Lebenskraft dazu neigt, die vorhandene Krankheitsbelastung über verschiedene, meistens aus der Vergangenheit bekannte körperliche "Stationen" nach außen zu befördern.
Während sich das Gemütsbild bessert, kann dann z. B. ein altes und zähes Nebenhöhlenproblem auftreten. Patienten, die im Alltag "funktionieren müssen" und großem äußerlichen Druck ausgesetzt sind, laufen manchmal Gefahr, in dieser Situation die Geduld zu verlieren und ihrer Lebenskraft den Rücken zu kehren. Erst wenn die innere Leere oder Lebensunfähigkeit wieder von ihnen Besitz ergreift, sind sie notgedrungen für diesen Weg bereit.
Diabetes mellitus
Bei einer chronischen Behandlung von insulinpflichtigen Diabetikern muss der Zuckerspiegel aufmerksam beobachtet und die Substitution genau angepasst werden. In der Regel stärkt Carcinosinum die Selbstregulierungskräfte des Körpers, sodass bei zu hoher Insulindosierung die Gefahr einer Unterzuckerung droht! Carc kann die Notwendigkeit der Gaben von chemisch wirksamem Insulin deutlich verringern, aber sein Einsatz muss vor allem am Anfang vorsichtig gehandhabt werden.
Nachtschweiß, der Patient muss nachts die Wäsche wechseln.
Leistenbruch, direkt oder indirekt, evtl. mit Entzündung in angrenzenden Organen, auch in der Vorgeschichte. In diesem Fall im Wechsel mit Nux vomica.
Hartnäckige Entzündungen in allen denkbaren Bereichen, meist mit Absonderungen: Bronchitis; Sinusitis; Tonsillitis; eitrige Entzündungen der Haut; schlecht heilende, entzündete Wunden; Nierenbeckenentzündung usw.
Pfeiffersches Drüsenfieber, akut oder in der Vorgeschichte; im akuten Stadium mit Zwischengaben Parotidinum.
Furunkulose, Akne; Pusteln mit Eiter.
Krampfadern, häufig in Verbindung mit Venenentzündungen.
Allgemein schwaches Bindegewebe; Bänderschwäche an jedem erdenklichen Ort, z. B. Magenreflux, Zwerchfell- oder Leistenbruch; erhöhtes Verletzungsrisiko im Bereich Muskeln und Bänder.
Die Lebenskraft verfährt oft so, dass sie bei einer erhöhten Krankheitsbelastung bestimmte, nicht unmittelbar lebenswichtige Körperzonen schlechter versorgt, um für die Organisation der lebenswichtigen Funktionen ausreichend Kraft zur Verfügung zu haben. Patienten mit angeborener Schwäche z. B. des Bindegewebes brauchen meistens eine Langzeitversorgung mit Carcinosinum, um die Belastung nach und nach zu verringern und die Schwäche auszugleichen.
Auch wenn es absurd klingt, beobachte ich immer wieder, dass z. B. trotz einer angeborenen Bindegewebsschwäche die dazu gehörige, dem Patienten eigene Symptomatik nachlässt oder sogar ganz vergeht.
Verletzungsfolgen; Wunden, die nicht heilen wollen und sich entzünden, dann oft mit Strept. Ich gebe Carcinosinum bei entsprechender Disposition auch vorbeugend, wenn operative Eingriffe vorgenommen werden, meist bei Patienten, die das Mittel schon genommen haben, dann eventuell mit Arnica zusammen, vor allem bei Eingriffen am Kopf, z. B. Zahnextraktionen.
Die Kombination Carcinosinum + Nux vomica ist oft unschlagbar für den Behandlungsbeginn in einer akuten Krise. Meist sorgt sie für überraschend schnelle Besserung der Symptome. Bei jüngeren, viel geimpften Patienten werden aber schon nach kurzer Zeit ergänzende Gaben von Impfnosoden nötig sein. (s. Fallbeispiel "Leistenbruch")
Der Körper zeigt seinen Bedarf dann mit den entsprechenden Signalen an. (s. "Impfnosoden")
Carcinosinum habe ich fast immer als ein "gutmütiges Mittel" beobachtet; die heftigen Erstreaktionen, die z. B. bei Tuberculinum Koch so gefürchtet sind, bleiben in der Regel aus.
Ich führe das darauf zurück, dass dieses Mittel groß genug ist, um die Krankheitsbelastung des Patienten umfassend abzudecken, sodass einzelne Beschwerden nicht als übrig gebliebenes "Monster" über ihre natürliche Qualität hinauswachsen.
Bei schweren Lungeninfekten wird sehr oft X-Ray als Ergänzung gebraucht, beide Mittel einzeln gegeben.
Kombinationen:
Carcinosinum passt fast in jede Kombination und wird sehr häufig gebraucht.
Besonders oft im Wechsel mit:
Dys-Co und/oder No 7
Saccharum, bei akuten Infekten mit großer Schwäche, Gefühl von Fäulnis
Streptococcinum, bei entsprechenden Entzündungen mit Eiterbildung
Nux vomica in D6 oder D12, um die Arbeit der ausscheidenden Organe zu unterstützen.
Carcinosinum muss gelegentlich mit anderen großen Konstitutionsmitteln abgewechselt werden, wenn das Symptomenbild sehr umfangreich ist. In jüngster Zeit stoßen wir immer häufiger auf solche Fälle.